Budo-Titel
Historisch bestanden Budo-Titel bereits bevor das Dan-Graduierungssystem entwickelt wurde. Eingeführt wurden sie 1902 von der Butoku-Kai in Japan. Dabei stammten die Titel "Kyoshi" und "Hanshi" von Samurai-Adelsgraden ab. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Butoku-Kai von den Siegermächten aufgelöst und damit konnten keine weiteren Titel verliehen werden. Erst 1952 ermächtigte das japanische Kaiserhaus die Nachfolgeorganisation IMAF-Kokusai Budoin, alle Ehrentitel als einzige Organisation außerhalb der japanischen Regierung zu verleihen. Mit der Einschränkung des Titels "Meijin", der ausschließlich von der IMAF verliehen werden kann, erhielten nur noch die japanischen Kobudo-, Kendo-, Iaido und Kyudo-Verbände die Erlaubnis der Titelverleihung.
Da nur wenige Ehren-Titel an Nichtjapaner verliehen wurden, übernahmen weltweit Organisationen und Verbände die Titel. Dabei wird die Verleihung teilweise recht dubios vorgenommen oder komplett falsch verstanden, so dass diese Titel außerhalb der verleihenden Oganisation in der Regel keine Anerkennung finden bzw. sogar von traditionsbewußten Budoka belächelt werden.

Bei der ofiziellen Vergabe spielen in der Regel nicht nur die körperlichen und technischen Fähigkeiten des Budo-Sportlers eine Rolle, sondern besondere Vorbildfunktionen und außergewöhnliche Leistungen für die Organisation bzw. die Budo-Disziplin sollen ausgezeichnet werden.

In der Regel werden die Titel im Budo in zwei Gruppen gegliedert. Hier unterscheidet man zwischen Lehrer- und Ehrentiteln. So kann es also auch sein, dass eine Person gleichzeitig mehrere Titel führt, wobei man diese dann vorzugsweise mit dem höchsten Ehren-Titel (wenn nicht vorhanden, dann mit dem höchsten Lehrer-Titel) anspricht.

Weitgehend haben sich dabei folgende Richtlinien durchgesetzt:
 
LEHRER - TITEL
"SHODAI-SOKE" (bedeutet: Systembegründer)
Shodai-Soke ist kein offizieller Titel sondern vielmehr die Bezeichnung für den Begründer eines Systems (Ryu). Der Titel wird daher auch nicht als Anrede verwendet.
Nur wenige moderne Shodai-Soke haben von Mitgliedern renommierter japanischer Kampfkunstverbände Anerkennung bekommen.
 
"SOKE" (bedeutet: Familienoberhaupt)
Diesen Titel führt ausschließlich der Bewahrer einer Budo-Disziplin (bzw. historische Schule/Ryu). Er wird erstmals vom Nachfolger des Shodai-Soke getragen und dann jeweils von Soke persönlich an einen von ihm auserwählten Nachfolger weitergereicht bzw. vererbt. Der Soke hat die oberste Autorität und entscheidet allein über die Vergabe von Beförderungen, Befugnissen, Lehrplänen usw.
In der heutigen Zeit bezeichnen sich viele selbsternannte (meist westliche) Systembegründer fälschlicherweise als Soke. Oft handelt es sich dabei um wenig ausgereifte und kommerziell orientierte Kampfkunstsysteme oder imagebetonte Personen, die damit mangelndes Selbstwertgefühl kompensieren wollen.
In Anlehnung an die japanische Kinderserie Pokémon werden diese Soke von traditionsbewußten Budoka oft als "Sokemon" bezeichnet.
 
"SHIHAN" (bedeutet: Lehrer von Lehrern, Meister, Experte)
Dieser Titel wird ab dem 5. Dan (meist jedoch erst ab 7. Dan) verliehen. Ein Shihan sollte in der Regel selbst Leiter eines Dojo sein, in dem mehrere Sensei unterrichten. Er gilt als Repräsentant einer Budo-Disziplin.
 
"SENSEI" (bedeutet: allgemein Lehrer)
Grundsätzlich kann jeder mit Sensei angesprochen werden, von dem man etwas lernen kann. In Japan ist es üblich, dass diese Anrede gegenüber Akademikern, Medizinern, Schulleitern usw. verwendet wird.
Im Budo wird der Titel Sensei ab 1. Dan (in der Regel aber erst ab dem 3. Dan) verliehen. Dabei geht man davon aus, dass ein Sensei die Kampfkunst für sich selbst manifestiert hat und in der Lage ist, diese an Schüler zu vermitteln.
Vielerorts ist es üblich, dass Schüler ihren Lehrer generell mit Sensei anreden, unabhängig davon ob dieser noch andere Titel führt.
 
"SEMPAI" auch "SENPAI" (bedeutet: der Ältere, der Erfahrene)
Mit Sempai wird in der Regel der jeweils ältere Schüler in einem Dojo angesprochen. Umgekehrt bezeichnet man den jüngeren Schüler als "Kohei".
In einigen Organisationen wird der Titel offiziell an hohe Schülergrade (1. - 2. Kyu) verliehen, sobald diese eine Übungsleiterlizenz erworben haben.
Ein Sempai führt in der Regel kein eigenes Dojo und leitet normalerweise auch nicht selbständig das ganze Training.
 
"SHIDOSHI" (bedeutet: Lehrer bei Bujinkan)
Der Titel Shidoshi wird in der Regel durch Soke bei Bujinkan nach bestandenem 5. Dan (Sakki-Test) verliehen.
 
"SHIDOSHI-HO" (bedeutet: Junior-Lehrer bei Bujinkan)
Dieser Titel wird wird speziell in Bujinkan von Soke an Sensei verliehen.
 
 
EHREN - TITEL
(Ehrentitel werden unabhängig von Lehrertiteln verliehen und sind besonderen Personen für außergewöhnliche Leistungen vorbehalten.)
"DOOSHI" (bedeutet: besonders disziplinierter Krieger)
Der Titel Dooshi steht für außergewöhnich diszipliniertes Verhalten gegenüber der Organisation, dem Verdand und der Kampfkunst. Er wird jedoch nur in wenigen Budo-Künsten verwendet.
 
"TASSHI" (bedeutet: besonders befähigter Krieger)
Der Titel Tasshi wird an Budoka verliehen, um deren besondere Fähigkeiten zu würdigen. Auch dieser Titel wird nur in wenigen Budo-Künsten verwendet.
 
"RENSHI" (bedeutet: ausgefeilter Mensch, Experte)
(offizielle Verleihung nur durch IMAF-Japan oder das japanische Kaiserhaus - wird häufig von anderen Organisationen verwendet/missbraucht)
Dieser Titel wird an Budoka verliehen, die sich selbst diszipliniert haben und Experten in der Budo-Disziplin sowie der Übungsanleitung sind. In der Regel sind Renshi seit mindestens 3 Jahren Träger des 5. Dan. In manchen Organisationen wird der Titel schon 2 Jahre nach Erreichen des 4. Dan verliehen.
 
"KYOSHI" (bedeutet: Lehrer, treuer Lehrer, außergewöhnlicher Lehrer)
(offizielle Verleihung nur durch IMAF-Japan oder das japanische Kaiserhaus - wird häufig von anderen Organisationen verwendet/missbraucht)
Wenn ein Renshi seine außergewöhnlichen Fähigkeiten nachgewiesen hat und über Jahre als Verfechter seiner Budo-Disziplin gilt, die er zum Teil seines Lebens gemacht hat, kann ihm der Titel Kyoshi verliehen werden. Dies geschieht in der Regel frühestens 3 bis 4 Jahre nach Erreichen des 6. Dan.
 
"HANSHI" (bedeutet: bespielhafter Krieger)
(offizielle Verleihung nur durch IMAF-Japan oder das japanische Kaiserhaus - wird häufig von anderen Organisationen verwendet/missbraucht)
Nur wenige Kyoshi sind auserwählt, den Titel Hanshi zu erhalten. Er wird in der Regel erst 5 Jahre nach erreichen des 8. Dan verliehen. Dies wiederum setzt bereits ein hohes Lebensalter (meist 70 Jahre und älter) voraus. Aus diesem Grund wird in der westlichen Welt der Titel Hanshi oft zusammen mit dem 8. Dan verliehen.
 
"MEIJIN" (bedeutet: vollendeter Mensch)
In der gesamten bekannten Budo-Geschichte wurde dieser Titel offiziell erst zehn mal an Hanshi mit dem 10. Dan verliehen, die als herausragende Führungspersönlichkeiten der Kampfkünste gelten und sich ein Leben lang mit beispielhafter technischer Perfektion, geistigem Verständnis und immerwährender Anstrengung für die weltweite Entwicklung und Verbreitung des Budo eingesetzt haben.
Die Verleihung dieses Titels bleibt einzig und allein der IMAF vorbehalten.
Es ist jedoch nicht unüblich, dass in Japan einige Soke von ihren Schülern als Meijin angesprochen werden, wobei dies nicht mit dem offiziellen Ehrentitel vergleichbar ist.